Eine Mikrogeschichte
Es war ein lauer Abend im Spätsommer. Die Hälfte des großen Maisfeldes neben dem Wohnblock, wo sie ihre Wohnung hatte, war schon geerntet. Heute würde hier nichts mehr geschehen. Eine gute Gelegenheit, den kleinen Kosmos ihrer vier Wände zu verlassen.
Entdeckungsreise. Das war es, was sie schon ihr ganzes Leben lang machen wollte. Eigentlich schlummerte in ihr eine Forscherin, voller Neugier nach Abenteuer und Wissensdurst nach Unbekanntem.
Und da war dieses riesige Feld voller hoher Maispflanzen. Je weiter sie hinein ging, desto dunkler wurde es. Aber sie wusste ja, der Mähdrescher hatte irgendwo eine scharfe Kante zwischen Nacht und Tag geschnitten. Vielleicht wartete dahinter, am Ende der Finsternis, am Beginn des Lichts, etwas ganz Neues auf sie.
Und plötzlich war sie da, an der Grenze dieser zwei Welten.

Tolles Foto und interessanter Text.
LG Karin